Die Farbe des Ozeans (2011)

Auf der Urlaubsinsel Gran Canaria kreuzen sich drei Schicksale auf verhängnisvolle Weise. Der Polizist Jose wendet sich von seiner drogenabhängigen Zwillingsschwester ab. Seine Verbitterung überträgt er auf den Job als Grenzpolizist, unerbittlich verhält er sich den afrikanischen Bootsflüchtlingen gegenüber. Es sind Unzählige, die in diesem Monat dort stranden, einige bereits verdurstet, andere am Ende ihrer Kräfte. So wie Zola und sein kleiner Sohn Mamadou, die aus der Not im Senegal geflohen sind. Die deutsche Touristin Natalie möchte spontan helfen. Ihr Freund Paul ist entschieden dagegen. Helfen oder wegsehen? Kann man mit einer gut gemeinten Einzelaktion ein globales Problem angehen? Aber für Nathalie gibt es kein Zurück mehr, zu sehr ist sie emotional verstrickt. Zola und seinem Sohn gelingt die Flucht aus dem Flüchtlingslager, Natalie will mit einer Geldspende helfen. Währenddessen bringt der Drogensuizid seiner Schwester Joses festgefügtes Weltbild ins Wanken. Natalies Hilfsbereitschaft setzt schließlich unbeabsichtigt eine Kette von dramatischen Ereignissen in Gang.

In ihrer dritten Regiearbeit wagt sich die versierte Drehbuchautorin Maggie Perens an ein ebenso aktuelles wie brisantes globalpolitisches Thema. Auf der Grundlage von realen Ereignissen – bis zur spanischen Wirtschaftskrise strandeten monatlich Tausende von afrikanischen Bootsflüchtlingen auf den Kanaren – entwickelt sie ein menschlich berührendes Drama, das unbequeme Fragen stellt und einfache Antworten verweigert. Die große Stärke des Films ist, dass er jede Figur sorgfältig ausleuchtet, vielschichtig charakterisiert und niemanden an den Pranger stellt. Der mitleidlose Polizist durchläuft am Ende die größte Wandlung. Er sagt zu der fassungslosen Natalie, wie wichtig es war, nicht wegzusehen, obwohl ihre kleine menschliche Geste so fatale Folgen hatte. Aber ist es wirklich so? Das episodische Drama erzählt eine aufrüttelnde Geschichte in anspruchsvollen Kinobildern. Die Urlaubsinsel erscheint als unwirtlicher Ort, an dem nicht jeder willkommen ist. Die Farbe des Ozeans steht hier nicht mehr für Unbegrenztheit und Freiheit, sondern für den lebensgefährlichen Weg, den unzählige Flüchtlinge aus den Entwicklungs- und Schwellenländern jeden Tag antreten.