Wo stehst Du? (2011)

Ali, Moussa, Kais und Alban sind Freunde aus dem Jugendzentrum Klingelpütz in Köln. Sie sind in Deutschland geboren, doch ihre Eltern kommen beispielsweise aus dem Kosovo oder aus Marokko. Ihre muslimische Herkunftskultur haben sie auch in Deutschland nicht abgestreift. Seit zehn Jahren begleitet die Kölner Filmemacherin Bettina Braun diese Freunde mit der Kamera. Entstanden sind drei Filme: „Was lebst Du?“ (2004), „Was Du willst“ (2008), der auch im Bonusmaterial der DVD enthalten ist, sowie „Wo stehst Du?“ (2011) in Zusammenarbeit mit dem ZDF / Das kleine Fernsehspiel. Offen sprechen die inzwischen jungen Männer, die längst aus der Schule sind, aber ihren Platz im Leben noch nicht richtig gefunden haben, vor der Kamera über ihre Hoffnungen, ihre Ansichten, ihr Elternhaus, ihren Glauben, ihre kulturellen Wurzeln und ihre Probleme, etwa die, einen Ausbildungsplatz zu finden, oder die mit der Polizei und dem Gesetz. Die Filmemacherin bleibt optisch unsichtbar, ist aber unmittelbar in den Dialog einbezogen, hinterfragt vorsichtig die Selbstbilder der Jugendlichen, wird von ihnen angesprochen und auch mal selbst befragt. Manchmal kommen auch Familienmitglieder zu Wort und Ali ermöglicht der Filmemacherin sogar Einblicke in seine marokkanische Heimat. Immer wieder geht es um Freundinnen und die Gründe, warum die vier Protagonisten partout nicht wollen, dass sie im Film zu sehen sind.

Rein filmisch betrachtet folgt die Dokumentation eher konventionellen Pfaden und verlangt mitunter etwas Geduld. Entstanden ist dennoch ein vergleichsweise vielschichtiges Porträt der vier Protagonisten, das gar nicht erst versucht, gängige Vorurteile zu widerlegen, sondern sich auf ihre inneren Zweifel konzentriert, auf ihre unablässigen Bemühungen, sich zwischen den Kulturen frei zu bewegen und ihren Platz im Leben zu finden. Andere Jugendliche, nicht nur die mit muslimischem Hintergrund, könnten sich in ihnen und ihren Erfahrungen mit der deutschen Gesellschaft wiedererkennen und vielleicht Mut schöpfen, mit dem gleichen Durchhaltevermögen den eigenen Weg zu finden und zu gehen. Es muss ja nicht gleich die Schauspielerei sein, die Kais für sich als Berufsziel entdeckt und mit seiner Ausbildung in Ludwigsburg besonders konsequent vorangetrieben hat.